Am 23. Oktober 2009 ist der erste Beitrag auf Speiseräume erschienen. 2008 habe ich meine Dissertation zu „Stadt und Ernährung“ beendet – ohne, dass es viele interessierte. Die These, dass man Landwirtschaft auch in Städten betreiben konnte, wurde in Deutschland mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Dass es darüber hinaus noch größere (und wichtigere) Zusammenhänge zwischen Stadt und Ernährung gibt, lag jenseits der Vorstellungskraft der meisten Menschen, die sich mit Stadt oder Ernährung beschäftigten. Meine Lieblingsreaktion einer Planerin im Jahr 2008: „Ist Ernährung nicht eher etwas für den ländlichen Raum?“ Da mir das Thema wirklich wichtig war, wollte ich mich dadurch aber nicht stoppen lassen. Professionell (im Sinne von beruflich) war eine Beschäftigung in der Schnittstelle Stadt und Ernährung in den Nullerjahren aber erst einmal nicht in Sicht. Also nahm ich mir vor, Themen der kommunalen Ernährungspolitik so aufzubereiten, dass sie interessierte Menschen erreichen. Zielgruppe waren engagierte Bürger*innen und der wissenschaftliche Nachwuchs.

Menschen erreichen

Speiseräume F+B GmbH
Hier geht die innovative Arbeit weiter: Speiseräume F+B GmbH

Das Internetmedium der Wahl war damals ein Blog. Das Logo wurde in PowerPoint gestrickt, Serverplatz gemietet, WordPress installiert und ein Design „entworfen“. In den ersten Jahren hat sich Speiseräume vor allem auf internationale Projekte und Veröffentlichungen konzentriert. In Deutschland passierte nichts, im Ausland viel: Was lag näher als Ideen zu importieren? Vieles basierte auf den Recherchen und Texten meiner Dissertation. Mit der Zeit wurde das Thema in Deutschland größer: Die Zivilgesellschaft setzte die urbane Landwirtschaft auf die Agenda der Kommunen und später, über die Gründung von Ernährungsräten, auch die kommunale Ernährungspolitik. Studentische Arbeiten schleusten Ernährungsthemen in die Planungsfakultäten und nach und nach sorgten europäische Forschungsvorhaben dafür, dass die Zusammenhänge von Stadt und Ernährung auch „offiziell“ an deutschen Universitäten eine Rolle spielten.

Mit der Überarbeitung vom Speiseräume-Layout und Konzept Anfang 2015 habe ich auf die entstandene deutsche Bewegung und das größere Informationsangebot reagiert: Aktuelle Informationen in den Kurzmeldungen, weniger und besser aufbereitete Informationen in den Artikeln. Der Blog hat seine Ziele erreicht! Die Rückmeldungen, die ich bekam, die vielen Vorträge, die ich als „Hobby-Forscher“ hielt, und die Besuchsstatistiken des Blogs zeigten, dass Speiseräume wahrgenommen wurde. Das verwendete Vokabular, dass in einigen Fällen sehr eindeutig auf diesen Blog zurückzuführen ist, sowie manche Thesen in der deutschen Diskussion zeigten, dass Speiseräume die Diskussion aktiv mitgestaltete. Die Übersetzung von Food Policy Council als Ernährungsrat entstand beispielsweise 2010 auf diesem Blog.

Start von Kantine Zukunft

Kantine Zukunft Berlin
Leuchtturmprojekt für die Transformation der Gemeinschaftsgastronomie

Bis 2018 habe ich diesen Blog sehr intensiv bearbeitet. Seit 2019 ist es auf diesen Seiten weitgehend ruhig geworden. Das Konzept Ideen nach Deutschland zu importieren hatte sich etwas überholt, über die Themen des Blogs wurde mittlerweile auch in vielen anderen Medien berichtet. Entscheidend für die wenige Zeit, die ich für den Speiseräume-Blog in den letzten zwei Jahren aufgebracht habe, war aber die Entwicklung des Projektes „Kantine Zukunft Berlin“, dessen Durchführung seit Ende 2019 und die Gründung der Speiseräume F+B GmbH.

Den Blog Speiseräume werde ich mit diesem Post einstellen und ihn aber technisch soweit in Ordnung halten, dass er als Archiv funktionieren kann. Die Bestellung von Büchern wird über PayPal weiter funktionieren. Für Updates aus den Speiseräumen nutzt gerne LinkedInInstagram oder Twitter. Die Kantine Zukunft hat außerdem einen Newsletter und Neuigkeiten gibt es hier ebenfalls über Instagram, Facebook oder Twitter.

War es vor 12 Jahren möglich mit dem Transfer von Ideen und Wissen nach Deutschland das Thema der urbanen Ernährungspolitik auf breiter Front voranzubringen, geht es heute darum, diese Politik selbst mitzugestalten und über das Schaffen von Best-Practices zu zeigen, dass kommunale Ernährungspolitik kraftvoll und notwendig ist. Bei Speiseräume F+B werden jetzt mit einem Team von 10 Menschen Ideen umgesetzt und Projekte ins Rollen gebracht. Die Kantine Zukunft findet mittlerweile deutschland- und europaweit Beachtung. Wir sind überzeugt hier neue Maßstäbe für die Arbeit mit der Gemeinschaftsgastronomie setzen zu können. Und wir freuen uns auf viele weitere spannende Projekte in den kommenden Monaten und Jahren.

PHOTOCREDIT Insa Hagemann | (c) by Speiseräume F+B GmbH | Alle Rechte vorbehalten