Die Koalitionsvereinbarung des Bündnisses von SPD, Linke und Grüne in Berlin (Hashtag “#r2g“) steht. Und sie ist lang geworden. Nicht nur im Titel: “Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen.” Erfreulich ist, dass Ernährung und urbane Landwirtschaft in der Politik Berlins in den nächsten Jahren eine Rolle haben soll. Was hat sich die neue Regierung Berlins zum Thema Ernährung genau vorgenommen?

Das bahnbrechende am Koalition-Papier ist, dass die zukünftige Regierung (in der Verbraucherschutzpolitik) auf Instrumente der kommunalen Ernährungspolitik setzt  – und dabei die bestehenden Berliner Ansätze weiterführen und stärken will. So soll

In Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg soll überlegt werden, wie der Verbrauch von regional erzeugten Lebensmitteln gestärkt werden kann. Lebensmittelverschwendung soll reduziert werden.

„Die Koalition bekennt sich zu den mit der Unterzeichnung der Mailänder Erklärung zur Ernährungspolitik eingegangenen Verpflichtungen. Die Koalition wird zusammen u.a. mit dem Berliner Ernährungsrat eine zukunftsfähige, regional gedachte Berliner Ernährungsstrategie entwickeln. Die auf Landesebene begonnene

Arbeit im „Forum für gutes Essen“ wird fortgesetzt und durch eine breite Beteiligung in den Bezirken ergänzt. In Zusammenarbeit mit der Stadtgesellschaft werden Prioritäten und Umsetzungsschritte festgelegt. Teil dieser Strategie wird die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung sein. Mit dem Land Brandenburg will die Koalition weitere Möglichkeiten zur stärkeren Nutzung regional erzeugter Lebensmittel ausloten. Das Landeslabor Berlin-Brandenburg soll im Rahmen seiner Aufgaben auch tierschutzrechtliche Aspekte berücksichtigen. Im Bund wird sich Berlin hinter Initiativen stellen, die deutsche und europäische Agrarpolitik hin zu mehr Nachhaltigkeit und Tierschutz umzusteuern.“ (Koalitionsvereinbarung, S. 151)

Ein weiterer Ansatzpunkt der Koalition wird die Gemeinschaftsverpflegung sein: Der Bio-Anteil in der Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen soll der Vereinbarung nach deutlich erhöht werden. Nach dem Vorbilds Kopenhagen soll Bio, Saisonales und Frisches kostenneutral Einzug in die Großküchen halten.

Gärten unter Flächendruck

Berlin wächst, die Nachfrage nach Wohnungen ist groß. Die Koalitionsvereinbarung betont, dass trotzdem Flächen für Kleingärten dauerhaft gesichert werden sollen. Im Zusammenhang mit Stadtentwicklung und Städtebau unterstreicht das rot-rot-grüne Bündnis die Themen grüne Infrastruktur und urbane Grünräume. „Die Bebauung des Tempelhofer Feldes wird ausgeschlossen.“ (S. 31)

Für die urbanen Gärtner Berlins soll es in Zukunft einen zentralen Ansprechpartner geben. Zusammen mit den Akteuren soll ein gesamtstädtisches Konzept für urbane und interkulturelle Gärten entwickelt werden. „Berlin wird zur Essbaren Stadt.“ (S. 156)

Die Koalitionsvereinbarung berücksichtigt die wichtigsten Instrumente einer kommunalen Ernährungspolitik: Kooperative Zusammenarbeit u.a. in Ernährungsräten, gemeinsame Erarbeitung einer ganzheitlichen Ernährungsstrategie. Und der inhaltliche Ansatzpunkt über urbane Landwirtschaft, Gemeinschaftsverpflegung und regionale Versorgungsstrukturen ist vielversprechend. Natürlich gibt es Politikfelder in denen sich die Speiseräume noch eine Berücksichtigung von Ernährung wünschen würden. Wenn „ökologogisch-soziale Modellquartiere“ entwickelt werden sollen, dann hoffentlich nicht ohne ein Konzept für die Lebensmittelversorgung. Und ob bei der „Gründer*innenstadt Berlin“ jemand an die Ernährungsbranche denkt? Eine Ernährungsstrategie könnte helfen auch in diesen „Silos“ die Chancen des Themenfelds Ernährung zu berücksichtigen. Und im Zweifel hat Berlin u.a. den Ernährungsrat, der die Politik daran erinnern wird, was in der Ernährungspolitik alles möglich ist.

Koalitionsvertrag zum Download