Gemeinschaftsverpflegung ist in der Ernährungspolitik ein zentrales Thema. Weil Du und ich in allen Phasen unseres Lebens und unabhängig vom Geldbeutel Gast in der Gemeinschaftsgastronomie sind: in der Kita, in der Schul- oder Uni-Mensa, in der Betriebskantine und irgendwann auch im Krankenhaus oder Altersheim. Und weil die Politik über den Einkauf der Zutaten einen direkten Einfluss auf die Lebensmittelversorgung ausüben kann. Das Land Berlin hat sich hier große Ziele gesteckt und das Kopenhagener Madhus zum Vorbild genommen. Seit Kurzem steht fest: Speiseräume darf bei der Umsetzung dieser Ziele helfen – und die „Kantine Zukunft“ aufbauen.

Kantine Zukunft: Investition in das Know-how der Küchenteams

Die „Kantine Zukunft“ wird Küchenteams dabei helfen ihre Küchen auf ein weitgehendes Bio-Speisenangebot umzustellen. Das erklärte Ziel ist, dass in den beteiligten Küchen 60 % der eingesetzten Lebensmittel Bio-Qualität haben – möglichst über alle Speisekomponenten hinweg. Dadurch könnten erhebliche Mehrkosten entstehen, wenn in den Küchen lediglich konventionelle Lebensmittel gegen gleiche Lebensmittel in Bio-Qualität ausgetauscht würden, ohne die besondere Kostenstruktur dieser Lebensmittel zu berücksichtigen. Die „Kantine Zukunft“ möchte jedoch in das Wissen und Können der Berliner Küchenteams investieren, um dauerhaft eine höhere Qualität der Gemeinschaftsgastronomie ohne Kostensteigerungen zu erreichen. Dabei wird auf nationalen und internationalen Erfahrungen der Gemeinschaftsverpflegung mit ähnlichen Umstellungsprozessen aufgebaut. Die Idee der „Kantine Zukunft“ ist also kein Küchenkonzept, das langfristig auf höhere Kosten für Lebensmittel setzt. Es ist ein Konzept, das in das Know-how und Wissen der Küchenteams investiert.

Kantine Zukunft
Aufgegessen!

Die Bio-Qualität ist dabei in Berlin der zentrale Hebel und Indikator für eine ganze Reihe von Effekten, die über eine veränderte Einkaufs- und Küchenpraxis nachhaltige, gesunde und leckere Speisen generieren. Berlin und die Region werden profitieren von klimafreundlichen Angeboten in der Gemeinschaftsgastronomie. Der verstärkte regionale Einkauf wird die regionale Ernährungs- und Landwirtschaft unterstützen und wird zu einer verstärkten (Agro-)Biodiversität beitragen. Landwirtschaftliche Rohprodukte und gutes Handwerk werden zur Basis der Berliner Gemeinschaftsgastronomie. Die Identifikation der Mitarbeiter mit den Lebensmitteln soll mit der Qualität des Essens ansteigen, die regionalen Bezugsquellen sollen zum Kommunikationsanlass zwischen Gästen und Mitarbeiter werden. Die Reputation vom Speiseangebot in Kantinen wird erhöht. Die Gäste bekommen in ihrem Alltag einen Impuls für ein gesünderes, ökologischeres Ernährungsverhalten.

Speiseräume wird diesen Herbst 10 Jahre alt! Und hat zu diesem Jubiläum einen großen Schritt gemacht: Die bisher frei- und nebenberuflichen Tätigkeiten wurden in eine GmbH überführt. Die GmbH ist Projektträger und Arbeitgeber für die Mitarbeiter der „Kantine Zukunft“. Außerdem verwaltet sie das Budget der „Kantine Zukunft“, das voraussichtlich (der Haushaltsbeschluss steht noch aus) 1,2 Millionen Euro jeweils in 2020 und 2021 betragen wird. Die „Kantine Zukunft“ wird mit diesen Beträgen von der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung über eine Zuwendung gefördert. Unabhängig von der Rechtsform des Projektträgers (egal ob e.V., Stiftung, gGmbH, GmbH oder sonst was) dürfen mit einer Zuwendung keine Überschüsse erwirtschaftet werden.

Die Kantine Zukunft entsteht

Projektleiter wird Dr. Philipp Stierand (das bin ich). Er wird sein Wissen aus 15 Jahren Arbeit als Experte der kommunalen Ernährungspolitik – in denen er viele Impulse setzen und Prozesse begleiten konnte – in die „Kantine Zukunft“ einbringen. Besonders profitieren wird das Projekt von seinen Erfahrungen als Leiter der Weiling.Akademie: Beim Aufbau und der Leitung der größten Weiterbildungseinrichtung der Naturkostbranche (mit bundesweit über 200 Seminaren und bis zu 5000 Teilnehmern jährlich) gehörten viele der in der „Kantine Zukunft“ anstehenden Aufgaben und Herausforderungen 18 Jahre lang zu seinem Alltag. Der Koch Patrick Wodni ist als stellvertretender Projektleiter für das zentrale Element der „Kantine Zukunft“ verantwortlich: den sogenannten Küchenlift. Patrick Wodni hat mit seinem Weg von der Spitzen- in die Gemeinschaftsgastronomie über Berlin und Deutschland hinaus Schlagzeilen gemacht. Mit seiner Arbeit im Berliner Krankenhaus Havelhöhe konnte er beweisen, dass seine Vorstellungen von regionaler, ökologischer und saisonaler Gemeinschaftsverpflegung auch in den engen Budgetgrenzen eines Krankenhauses möglich sind.

Kantine Zukunft im Haus der Statistik
Haus der Statistik

Unterstützt wird Speiseräume von den Food Kompanions. Mit ihrer Erfahrung in Innovationsprojekten entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette und ihrer Methodenkompetenz werden sie insbesondere die Vernetzung der Berliner Gemeinschaftsgastronomie vorantreiben und die Öffentlichkeitsarbeit der „Kantine Zukunft“ begleiten. Neben weiteren Partnern wird in Zukunft auch ein Beirat das Projekt mit seiner Expertise unterstützen.

Im Moment ist die „Kantine Zukunft“ nicht einfach zu finden. Die Webpräsenz wird erst noch aufgebaut, Räume werden in der nächsten Zeit bezogen. Im spannenden Haus der Statistik wird das Projekt zu einer der Pioniernutzungen gehören. Hier werden vorübergehend die Büroräume der „Kantine Zukunft” einziehen. Für einen langfristigen Sitz mit Lehrküche werden im Moment Standorte gesucht und geprüft.

Jetzt geht es los! Das wachsende Team der „Kantine Zukunft“ hat sich mit viel Idealismus und Enthusiasmus an die Arbeit gemacht.

Photocredit: Futures (58/365) // Kat // CC BY-SA 2.0 Bowls // Timur Saglambilek // Pexels Haus der Statistik // Philipp Stierand // Alle Rechte vorbehalten