Wer seinen eigenen CO2-Fußabdruck verringern möchte, verirrt sich schnell im Wust der Informationen, um dann zur nicht helfenden Erkenntnis zu gelangen: „Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an.“ Aus dem Voralberg kommt die Idee diesen Wust auf eine begreifbare Visualisierung zu reduzieren: 6,8 kg CO2 dürfte jeder Erdenbürger am Tag verursachen, sind 100%, sind 100 Punkte Tag für Tag. Das Konzept “Ein guter Tag hat 100 Punkte” will die Stellschrauben des persönlichen Treibhausgas-Ausstoßes verdeutlichen. Thomas Weber (Herausgeber des Magazins Biorama) nutzt das Konzept in dem Buch “100 Punkte Tag für Tag” erneut um Ideen für einen nachhaltigeren Lebensstil zu präsentieren.
Ins Auge fallen Tipps wie “Teile eine Kuh”, “Grill nicht nur die Henne, sondern auch den Hahn” und “Lass den Zucker mitgehen“. Wie Thomas Weber im Vorwort des Buches selbst feststellt, drehen sich viele seiner Ideen um das Thema Ernährung. Nicht nur weil der Mensch täglich essen müsse, sondern auch weil immer mehr Menschen sich für die politischen Zusammenhänge der Ernährung interessieren. Die Fakten um dieses Interesse in umweltfreundliches Handel zu übersetzen soll “100 Punkte Tag für Tag” liefern.

100 Punkte: „Kauf Bio, nicht regional“
Im Kapitel „Kauf Bio, nicht regional“ wagt sich Thomas Weber an das Thema Regionalität. Ein Thema bei dem öffentliche Wahrnehmung und reale Zusammenhänge so weit auseinanderliegen, dass man sich damit eigentlich nur in die Nesseln setzen kann. Tut er nicht. Er schafft es die Vorzüge und Grenzen von Regional und Bio nachvollziehbar zu diskutieren.
„Ganz verwerfen sollten wir die Vorzüge kurzer Wege und regionaler Wertschöpfung nämlich keinesfalls. Aber ohne behutsame biologische Produktionsweisen und ökologisch sinnvolle Kreisläufe – womit wir nun auch beim Prinzip ‚Saisonalität‘ angelangt wären – ist die Regionalität weitgehend wertlos.“
So rät Thomas Weber zum Kauf von bio und regional (aber niemals regional statt bio). Und um zu verhindern, dass sich Bio auf seinen Lorbeeren ausruht, pocht er darauf, dass es sich weiter verbessern müsse und bittet den Leser “Mach Druck”.
Aus San Francisco kommt die Idee des Guerilla-Grafting. Mittels Propfens von einzelnen Zweigen auf eine bestehen Unterlage werden Waldrand oder Windschutzhecke um Obstgehölze bereichert. Paten übernehmen die Pflege und Ernte. Wieso hatte man diese Idee eigentlich noch nicht selbst? Bevor das Buch mit Tipps zur umweltfreundlichen Beerdigung endet, fordert „100 Punkte“ noch dazu auf Bürgermeisterin zu werden – weil weder edle Empörung noch eine „Scheiß drauf!“-Haltung uns weiterbringen.
Thomas Weber greift in “100 Punkte Tag für Tag“ die großen Themen auf – und interpretiert sie verblüffend und provokant. So schafft er es, dass der Leser nicht ins Muster „Oft gehört, nichts geändert“ verfällt, sondern das Thema und sein Verhalten neu betrachtet. Nicht nur die Ideen sind neu, die Hintergründe sind gut recherchiert und erstaunlich aktuell. Und wenn es während diese Zeilen geschrieben werden, durch die Speiseräume schallt „Brauchst Du das Punkte-Buch gerade? Das macht Spaß zu lesen!“, dann weiß man, dass “100 Punkte Tag für Tag” noch nicht so schnell im Bücherregal verschwinden wird.
Thomas Weber: 100 Punkte Tag für Tag. 272 Seiten, Format 140×220 Hardcover, EUR 19,90, ISBN: 9783701733866