Rund 4200 Quadratkilometer Deutschlands sind mit städtischen Grünflächen bedeckt. Das Umweltministerium möchte den Dialog beleben, welchen Stellenwert Grün- und Freiflächen zukünftig in unseren Städten einnehmen sollen. Mit dem Grünbuch „Stadtgrün“ liefert es als einen ersten Schritt eine Bestandsaufnahme des „urbanen Grüns“ und seiner Funktionen für Mensch, Stadtnatur und Stadtgesellschaft. Die Entwicklung städtischer Grünräume wird dabei sehr grundlegend als ein wichtiger Baustein einer modernen, nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklungspolitik beschrieben.

„Stadtgrün ist ein gutes Beispiel für das eher abstrakte Konzept der Nachhaltigkeit und bringt dieses den Bürgerinnen und Bürgern – in allen drei Dimensionen (Ökologie, Ökonomie, Soziales) – nahe. Mit Stadtgrün ist Nachhaltigkeit erlebbar und erfahrbar.“

Speiseräume hat sich auf die Suche nach den Spuren der Lebensmittelerzeugung in dieser Bestandsaufnahme der städtischen Grünräume gemacht: Spielen produktive Stadtlandschaften aus dem Blickwinkel des Grünbuchs eine Rolle?

Urbane Gärten für eine soziale Stadt

Gemeinschaftsgärten würdigt das Grünbuch besonders in ihren sozialen Aspekten. Die urbanen Gärten würden einen wichtigen Beitrag zur Integration und zur Identifikation der Bürger mit der Stadt leisten. Über die Gärten würden sich Bürger an der Stadtplanung beteiligen und Einfluss auf ihr Umfeld nehmen (S. 13). Gemeinschaftsgärten werden (mit Bezug zu den Internationalen Gärten) als Ort der Begegnung beschrieben. Zudem seien sie ein Ort der Bildung: „Dort können Kinder zum Beispiel erfahren, wie Obst und Gemüse wächst, was Bienen mit Honig zu tun haben […].“ (S. 42)

Die Erzeugung von Lebensmitteln in Klein- und Gemeinschaftsgärten wird im Grünbuch nicht als eigenständige Funktion von Gärten in der Stadt verstanden, sie spielt eher unter „ferner liefen“ als Motivation der Gärtner eine Rolle.

„Zu nennen sind neben der gärtnerischen Tätigkeit an sich etwa der Aufenthalt im Freien, die Erholung, die körperliche Betätigung, gesundheitsbezogene Gründe, umweltpädagogische, soziale oder politische Ziele, der Beitrag zur Quartiergestaltung, die Möglichkeit, Nachbarn kennenzulernen, aber auch die städtische Nahrungsmittelproduktion.“ (S. 38, s.a. S. 63)

Landwirtschaft mit Win-Win-Effekt

Eine zentrale Rolle spielt die Lebensmittelproduktion dann im Kapitel „Urbane Agrikultur“  des Grünbuchs – betrachtet wird hier aber im Wesentlichen die städtische (professionelle) Landwirtschaft. Diskutiert werden Fragen der nachhaltigen und regionalen Lebensmittelversorgung. Selbsterntegärten und Community Supported Agriculture werden als neue Formen der Landwirtschaft mit „Win-Win-Effekt“ beschrieben.

„Ziel sollte es sein, eine gegenüber den Herausforderungen der Zukunft und der zunehmenden Urbanisierung im Hinblick auf Versorgungs- und Ernährungssicherheit resiliente Stadt zu schaffen und die vielfältigen positiven Wirkungen der urbanen Agrikultur zu nutzen.“ (S. 67)

Urbane Gärten im Grünbuch
Stadtgrün mit Schwung

Fazit: „Kann Spuren von Lebensmitteln enthalten“

Während man in vielen Diskussionen vor Ort noch auf die „Hoffnung“ trifft, das urbane Gärten eine vorübergehende Mode sein könnten, werden im Grünbuch Gemeinschaftsgärten als wichtige, neue Form städtischen Grüns anerkannt. Die bedeutenden Funktionen der Gärten für Städte werden hervorgehoben. Wirklich bemerkenswert ist, dass in einer Bestandsaufnahme städtischen Grüns sogar Fragen von Versorgungs- und Ernährungssicherheit Erwähnung finden.

Unterschätzt wird aber das Potenzial der Gemeinschaftsgärten für die Lebensmittelproduktion. Selbst wenn im Moment bspw. positive soziale Effekte der größte Nutzen der Gärten für die Stadt sind, darf auch Aspekt der Lebensmittelproduktion bei den urbanen Gärten nicht negiert werden. Ob Zier- oder Nutzpflanzen ist den Gärtnern nicht egal, der Anbau von Lebensmitteln ist der primäre Grund für ihre Tätigkeit. Der Ansatz für die Förderung der Gärten liegt damit genau dort: in der Lebensmittelproduktion, in der Weiterverarbeitung, im Wertschätzen der Produkte. Ohne Lebensmittel keine anderen positiven Wirkungen für die Stadt. Zudem zeigen internationale Beispiele zeigen wie die Produktivität von urbanen Gärten (z.B. durch kommunale Schulungsprogramme) deutlich gesteigert werden kann. Konzepte wie CPUL zeigen weitergehend wie urbane Gärten zu produktiven Stadtlandschaften verknüpft werden und Lebensmittelerzeugung wieder ein integraler Teil der Stadt und seiner Grünflächen werden kann.