Die Zahl der Ernährungsräte in Nordamerika  wächst rasant: In den letzten 10 Jahren hat sich die Zahl versechsfacht. Nach einem starken Anstieg der Zahl der Food Policy Councils in den Jahren 2004 bis 2014, stagniert die Zahl aktuell. Die Gründe für diese Erfolgsgeschichte: Die Akteure im Ernährungssystem wollen die Herausforderungen in der Gruppe und nicht als Einzelkämpfer angehen. Und das Bewusstsein für die Bedeutung der Politik für das Ernährungssystem nimmt zu. Dies stell das Center for a Livable Future an der Johns Hopkins Bloomberg School in Baltimore in seinem jährlichen Statusbericht fest.

Von den 411 Ernährungsräten, die für die Studie kontaktiert wurden, hat das Center 324 als aktiv, in Gründung oder in Umstrukturierung eingestuft. Davon waren 58 Räte in Kanada. Der typische Ernährungsrat in den USA heute ist ein basisdemokratischer Zusammenschluss von unabhängigen Akteuren („grassroots coalitions“) und auf der Bezirksebene aktiv. Rund ein Drittel der Food Policy Councils (FPC) in den USA sind solche basisdemokratische Zusammenschlüsse, weitere 37 % arbeiten entweder unter dem Dach einer gemeinnützigen Organisation oder sind selbst als solche organisiert.

Ernährungsräte in Nordamerika - Struktur
Struktur der Ernährungsräte in den USA und Kanada | (C) Johns Hopkins Center for a Livable Future

Zivilgesellschaftlich organisiert

Beim Blick auf die Struktur der Ernährungsräte in Nordamerika fällt auf, dass nur 21 % unter dem Dach einer lokalen oder regionalen Regierung arbeiten. Der überwiegende Teil der Councils ist auf die eine oder andere Art zivilgesellschaftlich organisiert.

Das heißt aber nicht, dass es keine Beziehung zur Regierung gibt. Nur 9 % der Räte verneinen diese Beziehung. 15 % haben Menschen aus der Verwaltung als Mitglied ihres Rates, 15 % bekommen finanzielle Förderung von der Stadt, 12 % haben ihre Büros innerhalb der Verwaltung. 64 % der Ernährungsräte haben ein jährliches Budget von weniger als 10.000 Dollar. 24 der US-amerikanischen Food Policy Councils hat ein Budget von mehr als 100.000 Dollar.

Zugang zu gesunden Lebensmitteln

In dreiviertel der US-amerikanischen Ernährungsräte kann jeder Interessierte Mitglied werden, bei 30 % muss die Mitgliedschaft beantragt werden und bei 18 % der Councils werden die Mitglieder von der Regierung ernannt. 24 % der Räte haben Sitze für Regierungsvertreter reserviert, 13 % reservieren Sitze für Vertreter verschiedener Hintergründe. Der Zugang zu gesunden Lebensmittel ist das überragende Thema der Ernährungsräte in Nordamerika – mit weitem Abstand vor Themen wie wirtschaftlicher Entwicklung und Raumplanung.

Ernährungsräte in Nordamerika - politische Schwerpunkte
Politischen Schwerpunkte der Ernährungsräte | (C) Johns Hopkins Center for a Livable Future

Der Statusbericht des Johns Hopkins Center enthält keine Evaluation der verschiedenen Herangehensweisen. Für den Transfer nach Deutschland lässt sich aus diesem Bericht nicht ablesen, welches Modell besonders erfolgreich sein könnte. Es kann eher die Vielzahl der Möglichkeiten aufzeigen, die sich den lokalen Anforderungen anpassen muss. Der Bericht zeigt, dass es durchaus Sinn machen kann auch über Ernährungsräte in regionalen oder landesweiten Kontext nachzudenken. Und der Statusreport zeigt, dass die meisten Ernährungsräte zwar zivilgeselschaftlich organisiert sind, aber versuchen eine formale Beziehung zur jeweiligen politischen Ebene aufzubauen.

Bericht: Sussman, Lily; Bassarab, Karen (2016): Food Policy Council Report 2016. Johns Hopkins Center for a Livable Future.